Von unseren Lieblingsnachbarn lassen wir uns gern entführen und diesmal zum Kellergassenfest nach Zöbing. Wohlwissend, dass dort für Wein, Wasser, Feuerfleck und andere gute Jausenkomponenten gesorgt ist, hat unsere Lieblingsnachbarin ganz genau bedacht, dass wir's zumindest halbseitig ganz beson...Mehr anzeigenVon unseren Lieblingsnachbarn lassen wir uns gern entführen und diesmal zum Kellergassenfest nach Zöbing. Wohlwissend, dass dort für Wein, Wasser, Feuerfleck und andere gute Jausenkomponenten gesorgt ist, hat unsere Lieblingsnachbarin ganz genau bedacht, dass wir's zumindest halbseitig ganz besonders streng mit ethisch korrekter Tierhaltung nehmen. Der Plan war: zuerst guter Wein in Feststimmung und dann zum zünftigen "Dinner" mit bestem Gewissen in die Weinbeisserei.
Durchorganisiert - wie unsere Liebsten sind - ist der Tisch für uns vier um 19.30h reserviert. Leider kann man das von der Weinbeisserei aber nicht behaupten, daher mussten wir noch ein wenig auf's Platznehmen warten. Ein netter hektischer Herr hat uns inzwischen ganz souverän einen Sekt mit frisch gepflückten Walderdbeeren eingeschenkt. Die nächsten 12 Minuten konnten wir dann damit verbringen, uns zum Einen, über die so geschmacksintensiven kleinen Wunderbeeren zu unterhalten und zum Anderen über das modern gebaute Winzerhaus, mit vielen langgezongenen Fenstern, die immens viel Ausblick auf die Weinhügel geben. Dafür aber umso weniger Energie verschwenden, weil alles auf Niedrigenergiebau ausgelegt ist. Noch besser, findet die Moralapostelin von uns.
Am Tisch haben wir alle sofort zur Speisekarte gegriffen und versucht, gute Entscheidungen zu treffen. Rein moralisch, ist das in der Weinbeisserei auch gar kein Problem. Fast alle Produkte bzw. Zutaten sind in Demeter-Qualität (nicht nur bio sondern gleich auch bio-dynamisch) hausgemacht. Und das meiste Essbare gibt's von den Turopolje Freilandschweinen. Alles was nicht Wein oder Schwein ist, stammt dann von naheliegenden Bauern, die es fast genauso gut meinen mit dem Umgang ihrer tierischen und pflanzlichen Zöglinge.
Auf der Karte stehen nur kalte Speisen - wie bei einem urigen Heurigen - und Wein. Wie gesagt: alles Demeter zertifiziert und somit erkunden wir neues pures Terrain in der Geschmackswelt des Weins. Am eigenwilligsten war der Gemischte Satz Reserve - schwefelfrei. Unser Lieblingsnachbar mit besonders feiner Nase, hat sofort die "Brotnote" darin erkannt. Dieser Wein polarisierte in unserer Runde. Beim Rest der bestellten Weine, waren keine Lobeshymnen und keine Rügen zu hören.
Zu zweit haben wir uns die große Weinbeisserei gewünscht und bekommen haben wir eine variantenreiche Brettljause mit ganz viel vom schon erwähnten Schwein (Roh-Schinken, Speck, Salami etc.),ein bisschen was von der Straussenfarm um's Eck (Straussenrohschinken) und ein paar Milchprodukten aus der Nachbarschaft (Ziegen- und Schafskäse, Oberskren) sowie gemüsige Untermalung (Pfefferoni und Linsensalat) aus derselben. Dazu und - ja, das gibt's noch - im Preis inbegriffen, ein einladendes Brotkörberl mit frisch gebackenem aber simplem Weiß- und Schwarzbrot. Die Lieblingsnachbarin bestellt sich die selbige Weinbeisserei als Hauptspeise ganz für sich allein und bekommt auf Wunsch sogar noch hauseigene Freilandschwein-Blunz'n oben drauf. So deftig haben wir's normalerweise nicht so gern aber wir durften kosten und die Blunz'n war ehrlich gut - wenig Salz dafür eine umso rundere Gewürznote. Speck, Salami und Co. brauchten kein Nitritpökelsalz, um geschmackvoll auf hohem Niveau mithalten zu können. Der Geschmack von Käse, Kren und Gemüse war ebenso gut. Wir haben alles aufgegessen.
Für besonders Hungrige - wie wir es sind - gibt's auch warmes Essen auf mündliche Nachfrage vor Ort. Die nette Dame erzählt uns, dass nur das in der Küche verarbeitet wird, was es gerade so gibt und sagt uns auch, was die Küchenmannschaft heute d'raus gekocht hat. Es hätte auch Fisch und Eierschwammerl gegeben. Aber die beiden Männer essen dann das Geschmorte vom Blondvieh mit Polenta und die moralisch Fleischeslustige nimmt sich das gefüllte Wildhuhn. Das Rindfleisch war weich geschmort mit konzentriert würzigem Geschmack und dazu kam der sämige Bratensaft. Dazu eine cremige leider aber geschmacklose Polenta. Man merkt, dass die hier auch nur mit Wasser kochen. Der Polenta-Fauxpas war nicht so wild wie das Huhn. Das war an den meisten Stellen schön saftig und die Haut (wie es sein soll) herzhaft resch. Die Fülle im Inneren hat den Geschmack des Huhns gut angenommen und damit hat sich der verfeinerte Bratensaft gut auftunken lassen. Die kleinen mitgeschmorten trotzdem knackigen Karotten und der frische Rucola haben das Huhn gut in den Mund begleitet.
Auch das Dessert wird nur mündlich präsentiert und kommt in Form von Topfen-Kirsch-Tarte und Erdbeer-Joghurt-Schnitte zu uns an den Tisch. Wir haben alles verkostet und fast alles aufgegessen - nur die lasche Polenta vom Hauptgang blieb auf unseren Tellern zurück. Auch die Weingläser - trotz neuer Geschmackseindrücke - wurden restlos geleert. Wir haben an diesem Abend ganz ehrlich, pursitisch und bio-dynamisch ausgezeichnet gegessen und getrunken.
Das alles zu einem Preis und mit einem Gewissen, mit dem man sich absolut wohlfühlen kann.
Hilfreich10Gefällt mir5Kommentieren
Ich schließ mich fay und pressesprecher gerne an!