Hin und wieder verschlägt es mich ins beschauliche Leoben, immerhin die zweitgrößte Stadt in der Steiermark, der man eine gewisse positive Entwicklung in den letzten Jahren tatsächlich nicht absprechen kann. Kulinarisch hinkt man etwas hinterher, der Schwerpunkt des Angebotes liegt bis auf wenige...Mehr anzeigenHin und wieder verschlägt es mich ins beschauliche Leoben, immerhin die zweitgrößte Stadt in der Steiermark, der man eine gewisse positive Entwicklung in den letzten Jahren tatsächlich nicht absprechen kann. Kulinarisch hinkt man etwas hinterher, der Schwerpunkt des Angebotes liegt bis auf wenige Ausnahmen auf traditioneller Gasthauskost sowie dem üblichen italienischen- und Fastfood Angebot. Die Stadt-Meierei wurde mir als solche Ausnahme angepriesen – höchste Zeit also für einen Besuch. Obwohl dieser an einem Dienstagabend stattfinden sollte wurde im Vorfeld telefonisch reserviert. Der Kontakt war freundlich bis amikal, der vorgeschlagene Innenhof erscheint mir für die Jahreszeit passend.
Wir schlendern über den weitläufigen Leobner Hauptplatz vorbei an vielen recht gut besuchten Gastgärten in Richtung Stadt-Meierei, die natürlich auch über einen sehr offen gestalteten Freibereich verfügt. Das Lokal selbst wirkt auf den ersten Blick nicht sehr groß, aber gefällig mit seinen Arkadenbögen. Die Theke beginnt gleich beim Eingang und endet bei der Schiebetür zur Küche. Dort empfängt man uns beim Reservierungsbuch und leitet uns weiter in Richtung Innenhof.
Der Schock könnte allerdings nicht größer sein – uns erwartet ein eher liebloser, dunkler Hinterhof mit einigen eng stehenden Tischen und einem Ambiente, das sich vielleicht als Lagerbereich für Gartenmöbel, bestimmt jedoch nicht als Gastraum eignet. Frau bluesky gibt mir ihr unmissverständliches Feedback, dass wir hier bestimmt nichts essen werden und rennt bei mir offene Türen ein. Da wir beide keine großen Gastgartenesser sind – vorallem, wenn keinerlei räumliche Abtrennung zum öffentlichen Bereich besteht - suchen wir uns nach kurzer Rücksprache mit dem jungen Herrn aus dem Service einen Tisch im Gastraum aus.
Die Karten werden und gebracht und wir werden auf die Pasta des Tages hingewiesen. Ganz leicht gehen die Strozzapreti nicht von den Lippen, das Thema wird aber charmant überspielt.
Die Karte ist überschaubar aber vielversprechend, mit einigen Klassikern, aber auch mit nicht alltäglichen, saisonalen Empfehlungen.
Die Getränke sind rasch ausgesucht und ebenso rasch serviert, meine Neugierde über einen Chardonnay aus Illmitz (Weingut Salzl, Euro 4) wird nicht enttäuscht, der Gelbe Muskateller von Fr. bluesky (Weingut Kögl, Euro 4,40) schmeckt ebenso.
Der kleine Schock vom Innenhof ist inzwischen überwunden. Der Gastraum ist zwar etwas dunkel, aber unaufgeregt, ansprechend gestaltet. Die Deko ist dezent und passend, die Bilder von verschiedenen Kaffeekreationen könnten auch in einem Kaffeehaus hängen. Als Hintergrundmusik läuft fast unbemerkt ein Regionalsender – bis auf einige Werbeblöcke (Stichwort neue Hofer-Werbung) stört das nicht wirklich.
Gute zehn Minuten nach der Bestellung wird die Vorspeise serviert:
Carpaccio vom heimischen Rind mit Rucola und Parmesan (Euro 12,90). Die Portion erscheint großzügig, das Fleisch ist dünn, aber nicht zu dünn plattiert und von sehr guter Qualität. Mittig ist frischer Rucola sowie eine ausreichend große Portion sehr gute Parmesanblätter platziert. Essig und Öl werden separat eingestellt – beim schönen Ölkännchen hat man es beim Befüllen etwas zu gut gemeint, es ist fast unmöglich das Öl auszukippen, ohne zu patzen.
Strozzapreti mit Garnelen und Tomaten (Euro 14,90). Die Portionsgröße ist für eine Vorspeise ok, preislich bewegt man sich im oberen Drittel. Die Nudeln in Verbindung mit einer leichten Tomatensauce mit Knoblauch und Garnelen schmecken hervorragend.
Beim Abservieren wird höflich nachgefragt, ob alles zu unserer Zufriedenheit war, generell haben wir uns während des Aufenthaltes recht gut betreut gefühlt.
Zur Hauptspeise, die rund 15 Minuten später serviert wird: Rosa gebratenes Schweinefilet mit Eierschwammerl a la Creme und Briocheknödel (Euro 17,90). Der erste Eindruck ist sehr gut, wobei ein kleiner farbiger Klecks der Optik gutgetan hätte und man das Gericht nicht unbedingt in einem Suppenteller servieren hätte müssen. Das Fleisch ist herrlich zart, der Briocheknödel entpuppt sich als sehr flaumiger, homogener Serviettenknödel. Die Eierschwammerl sind noch knackig, die Sauce war für meine Geschmack etwas dünnflüssig, aber geschmacklich sehr gut.
In der Erdäpfelkruste gebratenes Zanderfilet mit Eierschwammerl-Krebsragout und Spinat (Euro 21,90). Auch bei dieser Portion wurde nicht gegeizt. Der Zander mit seiner knusprigen Erdäpfelkruste ist auf den Punkt zubereitet. Das Eierschwammerl-Krebsragout kann seine sehr nahe Verwandtschaft zu den Eierschwammerl a la Creme nicht wirklich verbergen, passt aber mit der Krebseinlage auch sehr gut zum Fisch.
Der Küchenchef versteckt sich nicht nur in der Küche, sondern macht seine Runde bei uns und anderen Gästen und erkundigt sich, ob es allen schmeckt. Wir trinken noch ein Glas Muskateller und einen Espresso und bitten um die Rechnung, die runde 85 Euro beträgt. Im Hinblick auf Qualität, Quantität und Location ein Betrag gefühlt im oberen Drittel.
Zum Fazit: Die Stadt-Meierei in Leoben ist tatsächlich einen Besuch wert. Wer keine Berührungsängste mit neugierigen Flaneuren hat, dem sei der Gastgarten empfohlen, den Innenhof würde ich unter keinen Umständen ins Auge fassen. Das Ambiente im Gastraum war angenehm, wenn auch nicht besonders, der gespielte Radiosender im Hintergrund kann in den Werbepausen etwas nervig werden. Das Service war aufmerksam. Die von uns gegessenen Speisen waren geschmacklich sehr gut, bei der Speisekarte legt man Wert auf saisonale Einflüsse.
Hilfreich7Gefällt mir5Kommentieren