Letzte Woche verschlägt es uns in der Mittagspause wieder ein Stück näher in Richtung Graz, wir peilen Meyers Gasthof der Familie Orthacker an. Die Einfahrt in der Kärntnerstraße muss man trotz vorhandener Beschilderung ein wenig suchen, am Ziel angekommen sind wir von den lediglich sechs Parkplä...Mehr anzeigenLetzte Woche verschlägt es uns in der Mittagspause wieder ein Stück näher in Richtung Graz, wir peilen Meyers Gasthof der Familie Orthacker an. Die Einfahrt in der Kärntnerstraße muss man trotz vorhandener Beschilderung ein wenig suchen, am Ziel angekommen sind wir von den lediglich sechs Parkplätzen vor dem Haus nicht gerade begeistert. Die Info, dass etwas weiter die Straße entlang ein größerer Parkplatz für Gäste vorhanden ist kommt da gerade recht. Wir nehmen die Alternative dankend an und spazieren danach die gut 50 Meter wieder retour in Richtung Eingang. Der befindet sich in einem Anbau, der zumindest von außen nicht den Anspruch hat, sich mit dem etwas älteren Bestandsgebäude harmonisch zu verbinden.
Im Eingangsbereich muss man sich normalerweise entscheiden, ob man im neuen, etwas helleren Bereich sitzen möchte, oder doch einen Platz in der ursprünglichen Gaststube sucht. Diesmal wird uns die Entscheidung abgenommen, denn der gesamte neue Trakt und ein Teil der Gaststube sind für eine Trauergesellschaft eingedeckt, die in einer halben Stunde erwartet wird. Dementsprechend sind alle anderen Tische besetzt, uns wird angeboten, dass wir uns zu einem einzelnen Gast an einem größeren Tisch dazusetzen, was wir mangels Alternativen auch annehmen.
Der Gastraum wirkt ein wenig wie aus einer anderen, längst vergangenen Zeit: Steinfliesenboden, dunkle Holzvertäfelung, noch dunklere Möblierung, die Tische sind aber sauber eingedeckt. Uns fällt gleich auf, dass das Servicepersonal sehr flott ist, denn der für uns zuständige Kellner ist unmittelbar nachdem wir uns setzen zur Stelle und überreicht uns die Speisekarten. Die ist eher rustikal angelegt, die Auswahl ist nicht zu umfangreich, aber auch nicht zu minimalistisch.
Das angepriesene „frische Gebäck“, das in fünf bis sieben Minuten fertig sein soll kann ich als extra erwähntes Qualitätsmerkmal nicht ganz nachvollziehen, denn bei den frischen Kornspitz, Semmeln und Salzstangerln kann es sich nur um aufgebackene TK Ware handeln. Schon eher gefällt, dass jeden Mittwoch die steirische Tradition hochgehalten wird und Bluttommerl und Klachelsuppe auf der Karte steht.
Es mag vielleicht an dem bevorstehenden Gästeandrang liegen, aber das eingangs als flott empfundene Serviceteam wirkt auf uns zunehmend nervös und hektisch. Man nimmt unsere Speisen mittels modernem Endgerät auf, trotz traditionellem Ambiente hat der Fortschritt Einzug gehalten.
Das große Mineral-Zitron (Euro 2,80) und der große Orangensaft mit Leitungswasser (Euro 2,50) werden nach sehr kurzer Wartezeit von einer jungen Dame serviert. Generell scheint das Serviceteam etwas größer zu sein, wir können zumindest fünf verschiedene Mitarbeiter ausmachen.
Nach sehr kurzen fünf Minuten werden unsere Vorspeisen serviert – besser gesagt, es wird der Versuch unternommen, die Suppen zu servieren. Der etwas ältere Herr kommt mit Schwung und zwei Suppen im Portionierer aus Richtung Küche, bemerkt dann, dass bis dato keine Suppenteller eingestellt wurden. Er erledigt das rasch und gießt dann ohne große Nachfrage die beiden unterschiedlichen Suppen in die Teller vor uns.
Die Chance war 50:50, richtig zu liegen – leider lag er falsch und wir tauschen in Eigenregie die beiden Speisen gegeneinander aus, obwohl ich schon ein wenig neidisch war auf die Lungenstrudelsuppe (Euro 3,20), die mein Kollege bestellt hatte. Zwei große Stück Strudel, baden in der geschmacklich guten Suppe. Der Strudel ist wirklich großzügig gefüllt, auch die Fülle scheint zu munden.
Mein Klassiker – die Leberknödelsuppe (Euro 3,20) beeindruckt ebenfalls auf den ersten Blick. Der Knödel ist sehr stattlich und wirkt selbstgemacht. Beim ersten Anstich enttäuscht allerdings die etwas bröselige Konsistenz, der Knödel zerfällt förmlich und hat kaum Bindung in der Masse. Geschmacklich ist er ganz ok.
In derselben Geschwindigkeit geht es auch bei der Hauptspeise weiter – die beiden Gerichte werden diesmal richtig eingestellt und finden sich fünf Minuten nach den Vorspeisen am Tisch.
Das Cordon bleu (Euro 9,90) füllt nahezu den gesamten Teller aus, die Portion Pommes frites, die sich schüchtern unter dem beachtlichen Stück Fleisch versteckt ist kaum zu sehen. Die Panier ist knusprig, das Fleisch obwohl nicht über die gesamte Fläche gleich dünn sehr gut. Auch bei der Füllung gibt es keinen Kritikpunkt, Käse und Schinken sind von passabler Qualität.
Die nachträglich bestellten Preiselbeeren (Euro 1,20) kommen lobenswerter Weise in einem kleinen Porzellanschälchen und damit sehr appetitlich angerichtet.
Für mich soll es diesmal ein Schweinsbraten mit Sauerkraut und Semmelknödel (Euro 9,20) sein. Auch diese Portion ist nichts für schwache Esser – zwei große und zwei kleinere Tranchen vom Fleisch liegen auf einer respektablen Menge Sauerkraut. Der angepriesene Semmelknödel entpuppt sich als Scheibe eines Serviettenknödels, auf dem Kraut liegen ein paar Grammeln.
Das Fleisch ist großteils zart und von guter Qualität. Das Sauerkraut macht seinem Namen nicht allzu viel Ehre, denn es ist eher lind, der Serviettenknödel schmeckt sehr gut. Besondere Erwähnung gilt dem sehr guten Safterl, das zwar ein wenig knoblauchlastig schmeckt, aber das Gericht gut abrundet.
Wir beide schaffen es nicht, die Gerichte vollständig aufzuessen – das gelingt wohl nur, wenn man sich gegen die Vorspeise entscheidet. Inzwischen ist der Gast an unserem Tisch gegangen und vier neue hungrige Gäste werden zu uns platziert. Wir sind ohnehin fertig, bitten um die Rechnung, die der Kellner mit einem kleinen Kasterl, das er am Gürtel trägt ausdruckt. In Summe bezahlen wir 32 Euro – angesichts der Speisen und unserem Sättigungsgrad eine faire Summe. Knapp 40 Minuten nach unserem Eintreffen sind wir abgefertigt, satt und beenden eine deftige Mittagspause – da kommt der kurze Fußmarsch zum Parkplatz mehr als gelegen.
Zum Fazit: Meyers Gasthof der Familie Orthacker liegt im Süden von Graz an der Kärntnerstraße. Die Einfahrt findet sich mit etwas Glück beim ersten Mal, mit noch mehr Glück ist einer der sechs Parkplätze direkt vor dem Haus frei – ein größerer Abstellplatz befindet sich gut 50 Meter weiter die Straße entlang. Das Ambiente ist zweigeteilt – der Neubau wirkt hell und relativ freundlich, der Altbau eher rustikal und urig. Das Service war bei unserem Besuch sehr flink, phasenweise kam dadurch aber auch ein etwas hektischer Eindruck auf. Die von uns gegessenen Speisen waren sehr großzügig dimensioniert und eher rustikal, geschmacklich aber mehrheitlich gut.
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