Tja, leider konnten wir die Atmosphäre im gekonnt liebevoll gestalteten Gast(vor)garten des Bertahofs diesmal nicht genießen, dafür aber ganz viele andere Köstlichkeiten – die schmecken im gemütlichen Inneren des Lokals mindestens genauso gut.
Wir reisen auf eine kurze Sommerfrische von Wien ...Mehr anzeigenTja, leider konnten wir die Atmosphäre im gekonnt liebevoll gestalteten Gast(vor)garten des Bertahofs diesmal nicht genießen, dafür aber ganz viele andere Köstlichkeiten – die schmecken im gemütlichen Inneren des Lokals mindestens genauso gut.
Wir reisen auf eine kurze Sommerfrische von Wien wieder einmal ins salzburgerische Ausland und nehmen den Regen gleich mit nach Bad Hofgastein. Regenwetter ist kein Problem für uns, wir wissen ja wie man sich’s abseits vom Golfen, Radeln und Wandern noch gut gehen lassen kann – nämlich kulinarisch: am Mittwochabend im Bertahof. Da ist nämlich Kerzerlabend.
Nicht, dass Kerzerl im Bertahof notwendig wären um Stimmung zu machen – weil irgendjemand versteht sich ganz gut darin, den idyllischen Landhausstil modern in die In- und Outdoor-Gestaltung zu bringen. Freundlich hell wär’s sowieso – der urige Hof ist nämlich durch regelmäßige Renovierung richtig gut in Schuss und in der Jetztzeit angekommen.
Aber ein biss’l Kerzenlicht kann ja in der Abenddämmerung nicht schaden – vorausgesetzt: es ist in ausreichendem Abstand zur weiblichen Haarpracht platziert. Und ja, auch das ist der Fall. Kleine Kerzen sind überall im Lokal nur nicht in Gastnähe und das ist gut so. Somit können wir alle beruhigt unser Abendessen genießen.
Vor allem auch, weil die Tische gut gestellt sind. Jeder in gutem Abstand zum nächsten. So kann das gute Essen auch von guten Gesprächen begleitet werden. Und von gutem Wein natürlich.
Am mittwöchlichen Kerzerlabend gibt’s wahlweise ein fixiertes Menü in 4 Gängen oder individuelles Essen von der kleinen aber besonderen Speisekarte. An diesem Abend werden alle Hauptgerichte auf einem heißen Stein serviert. Vegetarier haben keine Chance. Es stehen ganze Tiere (zB eine Forelle) oder Teile von ihnen (zB Brüste oder Leber) zur Auswahl.
Die Vorspeisen gibt’s am perfekt improvisierten kleinen Buffet zur Selbstbedienung im Alleingang, Gänsemarsch oder Zweierreihe – je nach Andrang. Eine Suppe ist auch verfügbar – die wird nach Wunsch serviert. Diesmal: Steinpilzsuppe – aber von uns will die niemand haben.
Wir freuen uns zu allererst über das großzügige Gedeck (2,00 p.P.): Paprikatopfenaufstrich (nein, kein Liptauer), Kren-Karotten-Topfenaufstrich, Zwiebelschmalz und Hirschsalami. Dazu eine reichhaltige Brotholzschüssel. Helle und dunkle Brotscheiben. Alles war hervorragendst. Erstaunlich der Paprikaaufstrich, der geschmacklich und optisch alles andere war als ein Liptauer. Ein sehr cremig weißer Aufstrich mit grüner Paprika – eher und höchstwahrscheinlich sogar eine milde Jalapeno. Fruchtig grasig cremig. Feinster Schmelz beim Zwiebelschmalz, kein Schweindeln am Gaumen. Der Wurzelaufstrich war genau so gut. Und die Hirschsalami aus den umliegenden Gehegen – einfach beste Ware.
Karaffenweise wurde Zirbenwasser an den Tisch gebracht. Immer wieder. Und ja, das schmeckte leicht nach Zirbenholz. Und ja, dieser Geschmack passt super – zu weiß und rot und sowieso.
Dazu haben wir uns für eine Variation von Aperitifs: ein einheimischer Frizzante – einmal mit Lavendel und einmal mit Hollerblüten. Beides bestens aber Lavendel war noch besser. Prosecco und Hirter waren auch gut, wurde gesagt. Optimale Kühlung.
Am kleinen improvisierten Vorspeisenbuffet findet sich alles, was das (kalte Vorspeisen-)Herz begehrt. Salate (auch ein gekonnter Erdäpfelsalat ist dabei), Roastbeef, feinste Flusskrebserln mit Avocado und Apfel, verschiedene Zubereitungen von Räucherfischen, raffinierte Sulz, natürlich Mozzarella und Paradeiser, mediterraner Salat von Eierschwammerl und Oliven – eigentlich wären wir jetzt schon ausreichend versorgt. Wir brauchen sonst nix mehr. Außer vielleicht die eine oder andere Flasche Wein.
Die Hausherr/Innen haben eine gute Auswahl für ihre Gäste parat und können bei der individuellen Selektion mit viel Menschenkenntnis alle Weinvorlieben von den Augen ablesen. Vorweg wurde von unserem oberösterreichischen (Wein-)Paps(t)diktatorisch ein Gemischter Satz (27,00) bestellt – zum Glück hat er gut geschmeckt. Der hat’s eben drauf und er weiß, was er (uns an-)tut. Daher gleich noch eine Flasche hinterher. Guter Begleiter zum Vorspeisenbuffet. Und auch zum Hendl-Hauptgang.
Die Hendlbrust war spektakulär gekleidet. Haute Cuisine oder Haute Couture? Erdäpfelmantel. Aber so exzentrisch, dass es auf dieser kleinen heißen Stein Platte einen richtig mächtigen Auftritt hatte. Erdäpfelspäne ordentlich auffrittiert. Goldgelb knusprig – spektakulärer Knuspereffekt. Sehr wenig würzig. Brust leider trocken – und der heiße Stein macht’s nicht besser. Dafür waren die Beilagen absolute Highlights. Frisches Gemüse – schön bissfest, leicht buttriger Geschmack. Ofenkartoffel mit Sauerrahm – leicht mit Knoblauch abeschmeckt. Ordentlich viel am Brett von allem für alle. Jeder von uns hat die gleichen Beilagen.
Ein Porzellan-Küberl Pommes Frittes kommt in die Tischmitte – mit zweierlei hausgemachten Saucen zum Tunken. Nein, kein Ketchup aus der Flasche. Zwei kleine Schüsserln, mit einem pikanten Rahm-Ei Dip und einer scharf fruchtigen Paradeiser-Salsa. Perfekt – das macht Eindruck. Positiv natürlich.
Zum Porterhouse-Steak (knapp 500g am Knochen – 6 Wochen dry aged vom Salzburger Bio-Rind, 36) und zur Leber vom Bio- Lamm (Patzbergbauer aus Dorfgastein, 21) passt ein Roter besser. Zum Porterhouse-Steak-Vernichter kommen 2 Gläser vom Blaufränkischen Goldberg. Toller Wein. Der Leber-Liebhaber zieht mit einem Glas (6,20) nach. Auch zur Grillerei (Spare-Ribs, Schweinslungenbraten und Rind 21) hätte der gut gepasst, aber die Frau der Flammen bleibt bescheiden – der Gemischte Satz geht genauso gut. Gemeinsam mit der Geflügelten wird der Rest der Flasche muttertöchterlich geteilt.
Der Verdacht liegt nah, dass auch die fein geschnittene sensible Lammleber (mit ganz viel gut angeschmurgeltem Zwiebel) am heißen Stein (so wie die zarte Hendlbrust) gelitten hat. Da aber jegliche Kritik daran verweigert wurde, muss sie wohl gut gewesen sein.
Das Porterhouse-Steak war sensationell. Sehr nah dran an unserem Steak-Favoriten in Wien. Vielleicht hier sogar noch eine Spur besser erwischt. G’schmackig angebraten, saftig, starker Knochen, der bewahrt vorm Austrocknen und gibt guten Geschmack ab. Der heiße Stein tut dem Riesensteak sogar wirklich gut. Bis zum letzten Bissen bleibt das Gericht ein warmer, gut temperierter Genuss. An dem Riesenteil werkt sogar ein Schnellessmeister einige Zeit und das stresslos, es wird nicht kalt. Aroma bleibt gut gewärmt bis zum Schluss erhalten. Einmalig gut.
Wein ist aus. Noch reichlich Essen am Tisch. Also her mit dem Bienenfresser (35 pro Flasche). Reserve schmeckt uns dann sogar ein purer Zweigelt ausgezeichnet.
Nachspeisen werden bestellt: Joghurt-Moosbeeren-Schnitte mit Topfenpalatschinke als Beilage. Die Topfenpalatschinke war so gut, dass sie eigentlich die Hauptrolle auf dem Teller spielen hätte sollen, aber die war leider an die Schnitte vergeben. Auch gut, aber der Topfentiger war beleidigt.
Das Schokomousse wird in zweierlei Nocken serviert und von einem fruchtigen Kirschragout begleitet. Wir vermuten, dass das Mousse tatsächlich ohne Geliermittel ausgekommen ist und trotzdem luftig leicht stand gehalten hat. Köstlich sagt die (Schwieger-)Mamoletta. Alles wird genüsslich aufgelöffelt.
Das hervorragende Wein-Menü hat jetzt aber auch noch einen würdigen Abschluss verdient und nach dem Dessert wird noch das eine und andere Achterl Quattro vom Gager (7,30) getrunken. Es wär‘ fast die ganze Flasche geworden. Aber die Mädels sind an die Grenzen ihrer Trinkfestigkeit gegangen und die Herren wollten Abwechslung und beschlossen den Abend mit 2 Gläsern Averna.
Und was das für ein gelungener Abend war. Kulinarisch verwöhnt, rundumversorgt von der weinversierten Chefin und ihrer jungen Mitarbeiterin und das in bester Gesellschaft unserer Lieblingsausländer. Wir kommen sowieso nächstes Jahr wieder nach Bad Hofgastein und selbstverständlich auch in den Bertahof. Der ist jetzt zu unserem kulinarischen Fixpunkt gekrönt.
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